Der clevere Koch

Pascal Schmutz gilt als dynamischer Aufsteiger unter den Schweizer Spitzenköchen. Jetzt stellt er sich in Zürich seiner bisher grössten Herausforderung.

Liest man Berichte über Pascal Schmutz, wird man immer wieder mit ähnlichen Adjektiven konfrontiert. Jung und dynamisch sei er. Innovativ und aufgeweckt. Dass solche Beschreibungen nicht aus der Luft gegriffen sind, merkt man bei einem Treffen mit ihm sofort. «Soll ich aufs Dach klettern? Das wäre ein cooles Bild», fragt er beispielsweise beim Fotoshooting voller Enthusiasmus und kraxelt kurzerhand auf seinen Volvo XC90.

Dass der 36-Jährige nicht zum ersten Mal für einen Artikel posiert, ist offensichtlich. Und auch sonst wirkt der Seeländer schlagfertig und souverän. Dass der Mann weiss, wie der Hase läuft, wird auch bei unserem Gespräch schnell klar. Ungefragt plaudert er über die Vorzüge seines Autos. «Wohl und sehr sicher» fühle er sich im Volvo XC90, und das sei ihm wichtig. «Wenn ich von Saas-Fee nach Zürich fahre und am nächsten Morgen um sechs Uhr wieder los nach Verbier, brauche ich ein zuverlässiges Auto – und auf das ich mich freue. Im XC90 stinkt es mir nie, loszufahren. Und das sagt einer, der extrem viel unterwegs ist.»

Er könne mit gutem Gewissen sagen, dass er mit diesem Auto Romantik erlebe. Sei es, wenn er bei einem Produzenten ein paar Laib Käse hole und froh um den vielen Platz sei. Oder wenn er nachts über Pässe fahre und plötzlich ein Hirsch – nein, kein Elch – auf der Strasse stehe. Ausserdem schaffe dieses Modell einen besonderen Spagat: «Wenn ich als Koch eines 5-Sterne-Restaurants im XC90 vorfahre, stelle ich etwas dar. Aber es stimmt auch, wenn ich damit bei einem Biobauern auf den Hof fahre. Dieses Auto ist nicht protzig, aber dennoch edel. Funktional, aber dennoch stilsicher. Ich bin sehr zufrieden.»

Cleverer Romantiker

Pascal Schmutz gilt als jung, dynamisch und innovativ. «Doch die Romantik des Kochens lasse ich mir nicht nehmen», sinniert er. Noch etwas liest man über Pascal Schmutz oft – dass er konsequent auf Nachhaltigkeit setzt. Tatsächlich ist ihm der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen ein Anliegen. Und das nicht erst, seit Nachhaltigkeit zum Trend geworden ist. Bei Pascal Schmutz ist das Regionale tief verankert – es ist nicht nur seine Art, zu kochen, sondern auch seine Art, durchs Leben zu gehen. Er sei Koch geworden wegen der Menschen, die er durch seinen Job kennenlerne, sagt er.

«Wenn du die Leute kennst, von denen du deine Produkte beziehst, willst du automatisch das Beste für sie. All die Erlebnisse, die besonderen Momente, jede Begegnung spiegelt sich in meiner Küche.»

Pascal Schmutz

Er habe nie einfach nur anrufen und etwas bestellen wollen, sagt er. «Ich wollte hingegen schon immer die Menschen kennenlernen, sehen, was sie machen – und am besten gleich zusammen mit ihnen etwas kreieren.»

Nachhaltigkeit ist für ihn etwas Ganzheitliches. Deshalb will er Abnehmer von Qualität sein und wissen, woher etwas kommt, das in seinem Restaurant auf dem Teller landet. Dafür nimmt er sich Zeit, selbst wenn er diese eigentlich nicht hat. Man müsse immer direkt im Kontakt mit den Produzenten sein. Und wenn dafür Freizeit geopfert werden müsse – tant pis: «Dann schläfst du halt nur vier Stunden, weil du am Abend irgendwohin gefahren bist. Dafür weisst du am nächsten Tag, dass es im Wallis einen gibt, der den geilsten Käse macht.» Die Romantik des Kochens, sinniert Pascal Schmutz, «lasse ich mir nicht nehmen.»

Mühle Tiefbrunnen in Zürich

Dieses Credo gilt es im Jahr 2020 mehr denn je zu verteidigen. Seit Februar ist er Geschäftsführer in der Mühle Tiefenbrunnen in Zürich. In dieser neuen Rolle wird er die Umsetzung des neuen Konzepts für das renommierte Restaurant Blaue Ente und das Korn-Silo verantworten. Für einen, der in den letzten Jahren stets auf Achse war und oft mehrere Projekte gleichzeitig angepackt hat, eine Herausforderung. Nicht nur, weil das Restaurant im Seefeld ein Ort mit Tradition ist, sondern auch, weil er hier stärker gebunden zu sein scheint. Wird der Hansdampf nun sesshaft? «Ach, das ist so eine Frage…», lacht er. Natürlich konzentriere er all seine Kräfte auf die neue Aufgabe. «Aber wenn ich einen Anruf erhalte, dass ein Betrieb in meiner Bieler Heimat in der Klemme steckt und meine Hilfe gefragt ist, dann kann ich doch nicht Nein sagen», seufzt er. Anderen zu helfen, das sei auch Nachhaltigkeit. «Und es wäre egoistisch von mir, nur an einem Ort nachhaltig zu sein.»

Seine Philosophie lautet, dass jeder wichtig ist – egal ob Koch, Investor, Gast, Produzent oder Küchenhilfe. Am neuen Ort will er diese genauso konsequent verfolgen wie sonst auch. Er versuche immer, eine «kleine Sekte» zu gründen, in der jeder und jede am selben Strick zieht. Das zeigte sich auch in der Corona-Krise, als Schmutz sein Team zum Helfen bei einem Biobauernbetrieb motivierte. «Das war eine super Erfahrung. Vor allem für jene, die noch nie auf einem Bauernhof waren. Doch das müssen sie kennen, dort fängt meine Küche an.»

Sein Konzept für die Blaue Ente passt ins Bild. Er wolle zwar eine Mainstream-Küche bieten, das Restaurant soll schliesslich voll sein. Doch seine Blaue Ente müsse nicht jedem gefallen. Schmutz will nach dem Prinzip «Weniger ist mehr» auf eine flexible und nachhaltige Küche setzen, die höchsten Ansprüchen genügt, aber nicht auf Show setzt. «Ich brauche keine Ego-Küche», sagt er. Spürt er Druck? Natürlich merke er die Erwartungen. Doch: «Den grössten Druck mache ich mir selbst. Ohne Druck kannst du nicht gut sein.»

Bleibt noch die Frage nach dem Erfolgsgeheimnis. Er sei immer von Leuten umgeben gewesen, von denen er viel habe lernen können, sagt Schmutz. Er gehe mit offenen Augen durchs Leben und sei vielseitig interessiert. «Ein Koch darf nicht nur ans Essen denken, und vor allem darf er seine Leidenschaft nie verlieren», sagt er. Womit er bewiesen hat, dass er nicht nur jung, dynamisch und innovativ, sondern zweifellos auch ziemlich clever ist.

16 Gaultmilillau-Punkte

PASCAL SCHMUTZ IST MIT 16 GAULTMILLAU-PUNKTEN AUSGEZEICHNET. 2010 WAR ER DIE «ENTDECKUNG DES JAHRES IN DER DEUTSCHSCHWEIZ». DER GASTRONOM (U.A. IM KAUFLEUTEN ZÜRICH, RESTAURANT EPOCA IM HOTEL WALDHAUS FLIMS, RESTAURANT SENS IM HOTEL VITZNAUERHOF) IST PASSIONIERTER GASTGEBER UND ERFOLGREICHER SHOWKOCH IM IN- UND AUSLAND. SEINE PHILOSOPHIE LAUTET: «LOKALE PRODUKTE BEZIEHEN, DAS REGIONALE GEWERBE UNTERSTÜTZEN, DIE TRANSPORTWEGE KURZHALTEN UND DIE NATUR RESPEKTIEREN. ALLES DINGE, DIE MICH BEREITS ALS KIND GEPRÄGT HABEN.»